Symbolik der Natur und Landschaftstypen

Natur und Landschaft sind zum einen konkreter Lebensraum für den Menschen, Pflanzen und Tiere.
Darüber hinaus stellen sie eine Fülle von Symbolen dar, die dem Menschen für Selbst- und Weltdeutungen zur Verfügung stehen.  In diesem Zusammenhang spricht man auch von „therapeutischen Landschaften“.  Gemeint ist hier der Resonanzraum, in dem und durch dem die psychischen und mentalen Wirkungen in Schwingung geraten. Im Verhältnis des Menschen zu Landschaft und Natur wird zudem stets auch sein Verhältnis zu sich selbst sichtbar. Die Erfahrungen, die wir in und mit der Natur machen, sind auch Erfahrungen mit uns selbst, weil Naturerfahrungen und Naturphänomene Anlässe sind, uns auf uns selbst zu beziehen.
An ein paar Beispielen soll hier aufgezeigt werden,  welche symbolische Bedeutungen verschiedene Landschaftstypen aufweisen.

Meer und Küste
Das Rauschen der Wellen, der Geschmack salziger Luft auf der Zungenspitze, das Gefühl von feinem, heißem Sand unter den Zehen. Keine andere Landschaft übt eine größere Anziehungskraft aus als das Meer. Meer ist Schwerelossein, Meer ist Abschalten und Durchatmen. Es ist Horizont und Tiefe, Ebene und Welle. Doch bisweilen zeigt sich das Meer auch gewaltig, laut ungestüm und zerstörerisch.  So ist das Meer die Metapher  einer großen Mutter, die uns sowohl tragen als auch verschlingen kann . Meer  ist der Rhythmus des „Ins-Meer-Hinausfahrens“ und des „In-den-Hafen-Zurückkehrens“   Die Sehnsucht nach der Ferne sowie das Heimweh nach Zuhause.  Für den  Naturcoachingprozess sind diese Qualitäten bedeutsam.

Berge

Berge wirken je nach Stimmung schützend oder bedrückend. Doch auf dem Gipfel biete sie einen befreienden Ausblick. Hier lassen sich Gedanken ordnen, losgelöst und über den Alltag erhaben. Das „Oben-angekommen-sein“ , besonders nach großer Anstrengung, löst einen  Endorphinschub aus.
Berge bieten dem Menschen eine Grenze und mit jedem Schritt eine Grenzerfahrung. Konzentration und Wille sind notwendig, um an das Ziel zu gelangen. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, die für das Gelingen bedeutsam sind. Beschwerliches wird zurückgelassen, unangenehmes ausgeschwitzt, beengendes hinausgeschrien.  Der Berg ist kein Raum der Unschuld, er fordert und fördert die Annahme der Konsequenzen und provoziert einen würdigen Umgang mit ihm. Berge bieten viele sprachliche Metaphern, die für den Naturcoachingprozess  bedeutend sein können: Weitblick haben-auf einem Grat wandern- den Höhepunkt/ Gipfel  erreichen- über dem Berg sein – am Abgrund stehen-einen steilen Aufstieg erleben- eine Talsohle durchschreiten.

Wald

Der Wald kann Symbol sein für Ruhe, Freiheit, Schönheit, wird mit Lebendigkeit, Entspannung, Entlastung und Zufriedenheit assoziiert. Dadurch bewirkt er Wohlbefinden und trägt zur Erholung bei. Er steht aber auch für das Dunkle, Wilde, Mystische und Unbewusste. Er ist typisch für das
menschliche Leben, weil sich in ihm Verfall, Tod und Leben in analoger Weise wie beim Menschen ereignen .  Nirgendwo lassen sich Vernetzungen und ökologische Regeln besser verstehen als im Wald.  Besonders  Bäume haben in vielen Kulturen eine mystische und religiöse Bedeutung. Sie stehen für Entwicklung und Wachstum, fest verwurzelt und stabil, Nahrungsquelle und Lebensspender, Bäume strahlen Stärke aus, Widerstandskraft und Harmonie.

Der Wald und besonders Bäume  sind  für den Naturcoachingprozess besonders geeignet, weil hier widersprüchliche psychische Zustände extrahiert werden können.  Das Erleben der äußeren Natur ist fast immer ein Spiegel der inneren Natur und der aktuellen Befindlichkeit des Menschen.

Mittelgebirge

Mittelgebirge  bieten einen guten Überblick mit rascher Orientierungs –und Erkundungsmöglichkeit.  Mittelgebirgslandschaften wirken weniger „bedrohlich“ wie Berge oder Meer und lösen deshalb eher positive Reaktionen aus. Sie bieten eine Mischung aus Baumgruppen und offener Landschaft. evtl. mit Blick auf Gewässer, wie Seen oder Flüsse. Die Sinne werden dabei weder überfordert noch unterfordert. Diese Erkenntnis  bezieht sich auf evolutionsbiologische Annahmen, wonach die Menschheit sich aus den Savannengebieten entwickelte. Menschen fühlen sich demnach  im Allgemeinen von Umwelten angezogen, die ihr Überleben am besten sichern.  Für das Naturcoaching sind sie deshalb gut geeignet weil sie unterschiedliche Wirkungsräume und Erfahrungsebenen bieten, die in den Coachingprozess integriert werden können.

 

Fazit:

Äußere Natur und Landschaft beeinflussen immer auch die innere, psychische Natur des Menschen und umgekehrt. Natur und Landschaft können symbolisch zum Spiegel des Menschen werden und deshalb treten in unseren Natur-und Landschaftsbeziehungen auch Selbstaspekte zu Tage beziehungsweise werden uns zugänglich.  Auf diese Weise können Landschaft und Natur zur „Membran subjektiver Erfahrungen und Leiden“ werden.  Naturerlebnisse bewirken Resonanz und können symbolisch interpretiert werden. Eben deshalb kann mit Naturerfahrung auch Selbsterfahrung verknüpft sein. Natursymbole können genutzt werden, und sich selbst zu beschreiben und zu verstehen.

 

Quellen:

Gebhard, U./ Kistemann, T.  Hrsg. (2016) Landschaft, Identität und Gesundheit. Zum Konzept der therapeutischen Landschaften. Wiesbaden: Springer VS
Kreszmeier, A.H. (2012) Systemische Naturtherapie. Heidelberg (Carl Auer)